Unbewusste Kriegstraumata – Ahnenarbeit zur Begegnung mit unserer Geschichte

Der Erste und der Zweite Weltkrieg haben tiefe Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen, die bis heute wirken. In der öffentlichen Aufarbeitung blieb jedoch ein wesentlicher Aspekt weitgehend ausgeblendet: der Schmerz und das Leid der eigenen Bevölkerung.

Überlebensängste, Hunger, gefallene Familienangehörige, vergewaltigte Frauen, Kriegsgefangenschaft, Flucht und Vertreibung prägten Millionen Menschen. Männer kehrten traumatisiert oder gar nicht zurück, Frauen mussten ihre Familien alleine tragen. Dass unsere Vorfahren gleich zwei Kriege in so kurzer Zeit erlebten, verstärkte die Auswirkungen um ein Vielfaches.

Doch das Leid endete nicht 1945. Viele Kinder wuchsen ohne Väter auf oder mit Vätern, die innerlich zerbrochen waren. Frauen verschwiegen ihre eigene Not und gaben unbewusst Härte oder Ängste weiter. Das Schweigen der Kriegsgeneration legte sich wie ein Schatten über Kinder und Enkel – sichtbar in Strenge, emotionaler Distanz und unerklärlichen inneren Spannungen. Auch das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern wirkt bis heute in unseren Familienlinien nach.

Verstärkt wurde dieses Schweigen durch die kollektive Schuldfrage: Die Verbrechen des Nationalsozialismus standen im Vordergrund, der eigene Schmerz hatte kaum Raum. Die Tatsache, dass über diese Themen in der Gesellschaft nicht gesprochen wird, führt zu einem kollektiven Trauma, das nicht heilen kann – weil es nicht gesehen wird. Weil es keinen Namen bekommt. Die Auswirkungen auf die heutige Gesellschaft sind allgegenwärtig - für die meisten Menschen jedoch bislang unsichtbar, wodurch die Folgen von Generation zu Generation unbemerkt weitergegeben werden.

Indem wir beginnen, diese Traumata zu sehen, ihnen einen Namen zu geben und uns den Schatten zuzuwenden, durchbrechen wir diesen Kreislauf und öffnen den Raum für Heilung – in uns selbst, in unseren Familien und im kollektiven Feld.